Es war dunkel, als Gemma erwachte. Draußen heulte und tobte der Sturm um die Mauern, und für einen Moment fühlte sie sich zurückversetzt in ihre Kindheit, an Devons sturmgepeitsche Küsten. Wie hatte sie es geliebt, in solchen Nächten am Fenster zu sitzen und auf die tosende See hinaus zu schauen. Sogar von ihrem Zimmer aus hatte sie sehen können, wie die weiße Gischt über die felsigen Klippen brandete, als sich die gewaltigen Brecher an den zerklüfteten Felsen brachen.

Was war es, das sie geweckt hatte? Es konnte nicht der Sturm gewesen sein, dessen vertrautes Klagen sie sanft wieder in den Schlaf wiegen wollte. Bleierne Müdigkeit lastete auf ihren Lidern, die sich bereits wieder über ihre Augen senkten, als ein kalter Tropfen auf ihre Wange klatschte.

Weit riß Gemma die Augen auf. Wieder zerplatzte ein kalter Wassertropfen auf ihrem Gesicht, und Gemma rollte sich mit einer heftigen Bewegung zur Seite. Ihre Hand versank schmatzend in der kalten Nässe des Kissen. Mit einem unterdrückten Aufschrei schreckte Gemma hoch. Ihre Finger tasteten nach den Zündhölzern und einen Augenblick später erhellte flackernder Kerzenschein ihre Umgebung.

Gemmas Blick fuhr hoch zum Baldachin, der auf vier Pfosten das Bett überspannte. Selbst im schwachen, zuckenden Licht der Kerze konnte sie den dunklen Fleck im Brokat erkennen, aus dem beständig ein Tropfen nach dem anderen platschend die Pfütze in ihrem Bett vergrößerte. Ihr Nachthemd war an der Seite durchweicht, wo sie mit der Hüfte im Wasser gelegen hatte. Warum war sie nicht schon früher erwacht? fragte sich Gemma benommen.

Es gelang ihr kaum, die Augen offenzuhalten, als sie, die Kerze in der Hand, ihr Zimmer verließ.

Das gesamte Haus war dunkel und still bis auf das Toben des Windes, der die Hausecken pfiff und an den Fensterläden rüttelte. Niemand war zu sehen. Wen sollte sie wecken, damit er ihr ein anderes Zimmer zuwies? Einen Augenblick lang erwog Gemma, in ihr Zimmer zurückzukehren, aber anscheinend hatte der Sturm einen Teil des Daches abgedeckt, und wer wußte schon, wo das Wasser noch durch die Decke dringen würde.

Barfuß tapste Gemma den Gang entlang, bis zu einer anderen Tür und preßte ihr Ohr gegen das Holz. Das laute Schnarchen ließ sie vermuten, daß Tante Ethel in diesem Zimmer schlief. Zögernd ging sie weiter. Um nichts in der Welt wollte sie, nur mit einem durchnäßten Nachthemd bekleidet, das kühl an ihren Hüften klebte, zu Sir Godfroy ins Zimmer platzen. Wo schlief er? Schlief er auch in diesem Flügel oder befanden sich seine Gemächer in einem anderen Trakt des riesigen Gebäudes?

Lautlos eilte Gemma über den Korridor. Ihre Augenlider schienen mit Blei gefüllt zu sein, und sie wünschte sich sehnlichst, ein leeres Schlafgemach zu finden. Wieder preßte Gemma ihr Ohr an eine Tür. Dahinter war alles ruhig. Zögernd drückte sie Klinke herunter und zog die Tür einen Spaltbreit auf. Stille empfing sie und so angestrengt sie auch lauschte, sie konnte keine Atemzüge vernehmen. Vorsichtig beleuchtete Gemma den Raum, bereit zurückzuspringen, sollte sie jemand schlafend im Bett entdecken, aber zu ihrer Erleichterung war das Bett nicht nur frei, sondern auch frisch bezogen. Die Laken dufteten angenehm nach frischem Gras und Sonnenschein, und Gemma fragte sich, ob Sir Ranleigh noch weitere Gäste erwartete. Bestimmt würde er nichts dagegen haben, wenn sie für eine Nacht in dieses Zimmer auswich. Welcher Gast sollte sich schon in dieser sturmgebeutelten Nacht auf den Weg nach Kenmore Manor machen?

 

Der Reiter, der wenig später tropfnaß und durchgefroren, Kenmore erreichte, brachte sein Pferd selbst in den Stall. Niemand empfing ihn, aber er hatte auch nichts anderes erwartete. Sein Pferd, ein knochiger Mietgaul, schnaubte behaglich, als er es trockenrieb und ihm dann eine großzügige Portion Hafer abmaß. Der späte Ankömmling betrat das Haus durch die Küche und fand seinen Weg im Dunklen die Treppe hinauf bis in seine Gemächer. Wenigstens sein Bett war vorbereitet, so wie er es befohlen hatte und auf dem Schreibtisch stand eine Karaffe, wohlgefüllt mit altem Scotch. Er schenkte sich ein Glas ein und nahm einen langen Schluck, der ihn von innen wärmte und den Geschmack des Rums vertrieb, der noch vor wenigen Stunden mehr als reichlich geflossen war, als er mit seinen Männern in der Hafenkneipe den erfolgreichen Abschluß ihrer Reise gefeiert hatte. Mit einem weiteren langen Zug leerte er das Glas. Schnell legte er die nassen Kleider ab, rieb sich mit einem weichen Handtuch trocken und schlüpfte nackt, wie Gott ihn geschaffen hatte, unter die Laken.

Das erste, dessen Bryce Campbell am Morgen gewahr wurde, war das sanft gerundete Hinterteil, das sich warm und verführerisch an seinen Lenden drängte. Seine Lippen verzogen sich zu einem Grinsen. Also war er der drallen Schankmaid in der Taverne doch in ihre Kammer gefolgt, in die sie ihn den ganzen Abend über mit ihren heißen Blicken eingeladen hatte. Er schloß seine Arme fester um ihren schlanken Körper und zog sie an sich. Seine Finger schlossen sich um die zarte Fülle einer Brust und begannen, sie zärtlich zu massieren. Der Nippel richtete sich auf, als wollte er ein sengendes Loch in seine Hand brennen. Bryce stöhnte. Blut strömte pulsierend in seine Männlichkeit und preßte sie der Länge nach an das weiche, weibliche Fleisch in seinen Armen. Er bedauerte es, daß er anscheinend zu betrunken gewesen war, um sich an das Liebesspiel in der Nacht zu erinnern, aber was hinderte ihn daran, diesen verlockenden Körper noch einmal im hellen Licht des Tages zu genießen?

Er konnte auch später noch nach Kenmore Manor aufbrechen... Bryce' Hand hielt in seiner genüßlichen Erkundung inne. Irgend etwas an diesem Bild stimmte nicht. Undeutlich erinnerte er sich an schlammige Straßen und sturmdurchtoste Dunkelheit. War er nicht völlig durchnäßt gewesen und durchgefroren bis auf die Knochen?

Ein Klappern an der Tür ließ ihn zusammenfahren. Kampfbereit schnellte er sich hoch und erblickte das Zimmermädchen im gleichen Moment wie sie ihn. Ihre Augen wurden kugelrund, als sie der nackten Gestalt im Bett gewahr wurde, und mit einem entsetzten Kreischen ließ sie den Wasserkrug fallen und stürzte aus der Tür.

Was zum Teufel..., dachte Bryce und stützte seinen pochenden Schädel in beide Hände. Verdammt, er hatte doch ausgiebiger gefeiert, als er es vorgehabt hatte, bevor er sich endlich auf den Weg nach Kenmore Manor gemacht hatte. Sein blutunterlaufener Blick streifte durchs Zimmer - sein Schlafzimmer - und blieb schließlich an der Gestalt neben sich hängen, die verzweifelt und mit vor Entsetzen weit aufgerissenen Augen das Laken an ihre Brust preßte. Sein schmerzender Kopf versuchte, sie irgendwo einzuordnen, aber er war sich ziemlich sicher, daß er sie nie zuvor in seinem Leben gesehen hatte. Also was zur Hölle machte sie ihn seinem Bett?

Mit einem Stöhnen sank Bryce zurück auf die Matratze, einen Arm über die Augen gelegt, um seinen hämmernden Schädel vor dem grellen Sonnenlicht, das durch die hohen Fenster hereinströmte, zu schützen.

Entsetzt starrte Gemma den hochgewachsenen Fremden an, der in unbekümmerter Nacktheit neben ihr auf dem Bett lag, nur äußerst dürftig von einem Teil des Lakens über seinen Hüften verhüllt. Sein muskulöser Oberkörper war gebräunt, als würde er viel Zeit im Freien verbringen, und von zahlreichen kleinen und auch größeren Narben übersät. Dunkles Haar sproß auf seiner Brust.

Gemmas Blick zuckte hinauf zu seinem Gesicht. Eine gezackte Narbe, heller als die sie umgebende gebräunte Haut, zerschnitt seine linke Wange vom Haaransatz bis hinab zum Kinn. Seine Lippen waren voll und ebenmäßig, sein Haar dunkel, beinahe schwarz und so lang, daß es ihm in seidigen Wellen bis auf die Schultern reichte. Gemma schluckte. Es war das gleiche, nur inzwischen erwachsene Gesicht, das sie gestern so trotzig von dem Bild herab angesehen hatte. Und sie mochte wetten, daß seine Augen grau waren.

Das war also der berüchtigte Bryce Campbell, dessen Erwähnung allein Bridget in panische Ehrfurcht und schwärmerische Verzückung ausbrechen ließ und dessen Hand auf ihrer Brust einen flammenden Abdruck hinterlassen zu haben schien. Wärme durchströmte sie und ihre Wangen flammten, als sie daran dachte, wie wohl sie sich im Halbschlaf in seiner Umarmung gefühlt hatte.

"Wenn ihr nicht wollt, daß wir dort weitermachen, wo wir eben so rüde unterbrochen wurden, würde ich vorschlagen, daß ihr euch bedeckt und aus meinem Bett verschwindet, Madam", unterbrach seine tiefe Stimme Gemmas Gedanken.

Mit einmal wurde ihr bewußt, daß sie sich, nur mit einem Nachtgewand bekleidet im Bett eines ihr fremden Mannes befand, der noch dazu in dem Ruf stand, ein 'Verführer unschuldiger Jungfrauen' zu sein. Flammende Röte überzog ihre Wangen, als sie verzweifelt versuchte, aus dem Bett zu krabbeln, ohne das Laken loszulassen.

Vergeblich.

"Ihr liegt auf dem Laken", stellte sie mit kläglicher Stimme fest und gab es auf, daran zu zerren.

Bryce' Lippen verzogen sich zu einem Lächeln. Noch immer hielt er die Augen geschlossen.

"Wenn ihr mir das Laken wegzieht, macht euch auf einen Anblick gefaßt, auf den eure jungfräulichen Augen vielleicht nicht vorbereitet sind."

Wenn überhaupt möglich, errötete Gemma noch heftiger. Warum hatte sie nicht selbst daran gedacht, daß nur das Laken seine Blöße vor ihren Blicken verbarg?

"Oh", ächzte sie erstickt, und rutschte vorsichtig aus dem Bett, plötzlich besorgt, daß jede noch so kleine Bewegung, das Laken ins Rutschen bringen konnte.

Mit einem letzten verstohlenen Blick huschte sie zur Tür, nur um erschreckt aufzuschreien und zurückzuspringen, als diese mit donnerndem Getöse gegen die Wand krachte.

"Du Flittchen", tobte Ethel, und stürzte mit hochrotem Kopf ins Zimmer. "Du schamloses Flittchen, wie kannst du es wagen, mit dem erstbesten Kerl ins Bett zu steigen und die Beine für ihn breit zu machen?" Das laute Klatschen von Ethels Hand auf Gemmas Wange, ließ diese mehr zusammenzucken, als der plötzliche, stechende Schmerz. Fassungslos flog Gemmas Hand zu ihrer Wange, auf der sich bereits die Finger ihre Tante abzuzeichnen begannen. Noch niemals hatte Ethel es gewagt, sie zu schlagen.

"Aber...", stammelte sie fassungslos, während ihr verzweifelter Blick zwischen Ethel und Cedric hin- und herzuckte. Auch Godfroy stürmte ins Zimmer, aufgeschreckt von Ethels Schreien und Kreischen. Mit einem Blick erfaßte er Gemmas schlanke Gestalt, die nur unzureichend von einem hauchzarten Nachtgewand verhüllt wurde und den großen, anscheinend nackten Körper auf dem Bett.

Seine Kiefern mahlten, als er die Zähne aufeinander biß.

Bryce.

Also entsprachen die Gerüchte, die ihm zu Ohren gekommen waren, doch der Wahrheit. Bryce war wieder im Lande und hatte nicht lange gebraucht, um in Godfroys Leben Verwirrung zu stiften.

Verdammt sollte er sein.

Ethels Keifen zerrte an seinen Nerven, während er Gemmas Körper abschätzend musterte. Was war in der Nacht geschehen? Hatte Bryce, kaum daß er wieder zuhause war, die Früchte geerntet, die er, Godfroy, so sorgsam gesät hatte? Das würde ihm ähnlich sehen. Und das, wo er selbst so nah dran gewesen war, die bezaubernde Gemma für sich zu gewinnen.

"RUHE!"

Der donnernde Befehl ließ alle Gespräche im Raum schlagartig verstummen.

"Kann ein Mann in diesem verfluchten Haus nach einer durchzechten Nacht noch nicht einmal seine Ruhe finden? Verschwindet endlich, verdammt noch mal!"

Alle starrten ihn an. Wie ein finsterer Dämon aus den Tiefen der Höllen thronte Bryce im Bett. Seine schwarze Mähne umflog seine Schultern und das kalte Feuer seiner grauen Augen, ließen die Meute langsam zurückweichen.

Niemand achtete auf die schnellen Schritte im Gang, bis eine dröhnende Stimme alle Blicke auf den Mann lenkte, der soeben das Zimmer betrat.

"Bryce!" donnerte er, seine Stimme der seines Sohnes nicht unähnlich. "Es stimmt also, daß du wieder in England bist."

Aufstöhnend ließ Bryce sich zurücksinken. Hörte das denn nie auf? Warum konnten sie ihn nicht einfach in Ruhe lassen, bis sich sein Kopf so weit geklärt hatte, daß einen vernünftigen Gedanken fassen konnte.

Mit einem schnellen Blick streifte Richard Campbell die versammelte Menge. Bis auf seinen Neffen, Godfroy, und die zitternde Dienstmagd kannte er niemanden, stellte er fest. Schließlich aber fiel seine Aufmerksamkeit auf die schlanke Gestalt, die sich zitternd, nur mit einem Nachthemd bekleidet, an die Wand drängte. Ihr langes Haar hatte sich aus dem Zopf gelöst, zu dem sie es für die Nacht geflochten hatte, und sie benutzte es, um ihren Körper vor neugierigen Blicken zu verbergen. Hatte Bryce endlich eine Braut nach Hause geführt? Unmutig zogen sich seine Brauen zusammen, als ihm bewußt wurde, daß es Bryce nicht sonderlich zu stören schien, daß alle im Raum das Mädchen unverschämt anstarrten. Sollte sein Sohn es etwa gewagt haben, eine Hure aus London mit nach Kenmore zu bringen?

Die wüsten Beschimpfungen und wilden Diskussionen waren wieder aufgeflammt. Ethels keifendes Organ übertönte alle anderen, als sie Gerechtigkeit für sich und ihre Familie forderte. Niemand achtete auf Gemma, die versuchte, sich seitwärts an der Wand entlang aus dem Zimmer zu stehlen. Wenn es ihr nur gelänge, ihr Zimmer zu erreichen, damit sie sich etwas überziehen konnte, dann wäre ihr schon viel wohler. Nur noch einige kleine Schritte, und sie hätte die Tür erreicht.

Leider nutzte Ethel genau diesen Augenblick, um sich an Gemma zu erinnern.

"Wohin willst du, du nutzloses Miststück? Dachtest du, du könntest dich klammheimlich davonstehlen, nach allem, was du angestellt hast?" Finger wie Stahlklammern schlossen sich um Gemmas Oberarm und rissen sie ins Zimmer zurück. Alle Augen waren auf sie gerichtet. Beschämt versuchte Gemma, die Arme vor der Brust zu kreuzen, aber Ethels unnachgiebiger Griff ließ das nicht zu.

"Aber ich habe doch gar nichts getan...", versuchte Gemma zu erklären, aber Ethels laute Stimme übertönte ihre verzweifelten Worte.

"Was fällt dir nur ein?" schnauzte Ethel sie an. "Seit fast drei Jahren kümmere ich mich um dich, wie um mein eigenes Kind, und was ist der Dank dafür?" Sie schüttelte Gemma anklagend. Wenn du mich, wie eines deiner Kinder behandelt hast, dachte Gemma, dann ist es nur gut, daß du keine eigenen Kinder hast, die dir auf Gedeih und Verderb ausgeliefert sind. Wohlweislich behielt sie diesen rebellischen Gedanken für sich. Es war sicher nicht klug, Tante Ethel noch weiter zu reizen.

"Anstatt an deinen Onkel und mich zu denken und sittsam auf deine Tugend zu achten, steigst du mit dem erstbesten dahergelaufenen Hurensohn ins Bett..."

"Hütet eure Zunge, Madam", herrschte Richard Campbell Ethel an, und auch Bryce war hochgefahren, um Gemmas Tante mit finsteren Blicken zu durchbohren.

"Wen nennt ihr hier einen Hurensohn?" fragte er gefährlich leise, ohne die kalten grauen Augen von Ethel abzuwenden.

Ethel Robbins schluckte schwer. Großer Gott! Wenn das nicht der leibhaftige Teufel war. Unbewußt und mit zitterndem Arm, bekreuzigte sie sich. Sie hatte bisher nur einen flüchtigen Blick auf die zweite Person im Bett geworfen, gerade ausreichend, um zu erkennen, daß diese Person eindeutig männlich war. Wie hätte sie denn auch ahnen sollen, daß ausgerechnet der Leibhaftige ihr nichtsnutziges Mündel verführen würde?

Ihr unsteter Blick fiel auf Gemma, die mit niedergeschlagenen Augen neben ihr stand.

Ruiniert.

Blanker Haß durchzuckte Ethel, als sie daran dachte, daß ihr mühsam eingefädelter Plan zunichte gemacht worden war. Unter diesen Umständen würde Sir Godfroy Gemma kaum noch haben wollen und angesichts dieses dunklen Fremden, dessen Augen Funken zu versprühen schienen, konnte sie es ihm auch kaum verdenken.

"Da ich euch nicht kenne, Madam", fuhr Richard Campbell, Lord Kenmore, mit einem Seitenblick auf seinen Sohn fort, "kann ich nur annehmen, daß ihr eine Bekannte meines Neffen seid. Ich rate euch daher, eure Zunge im Zaum zu halten oder aber ich könnte mich geneigt sehen, die Einladung, die Ranleigh offensichtlich ausgesprochen hat, zu widerrufen."

Cedric, ganz entgegen seiner sonstigen Gewohnheiten, zupfte Godfroy am Ärmel. "Wer ist denn das?" wollte er leise flüsternd wissen, aber Richard Campbell hörte ihn dennoch.

"Ich, Sir, bin Richard Campbell, Lord Kenmore. Mir gehört dieses Anwesen."

Ethel ließ vor Schreck Gemmas Arm los. Ihr Mund hing offen, als sie sich zu Godfroy Ranleigh umsah.

"Und das", Campbell zeigte auf Bryce, der seine Chancen auf Schlaf nun endgültig schwinden sah, "ist mein Sohn und Erbe, Bryce Campbell."

"Nicht schon wieder", ächzte Bryce und schwang die Beine aus dem Bett. Erschrockenes Einatmen aus drei weiblichen Kehlen ließ ihn aufblicken. Kopfschüttelnd wickelte er sich das Laken um die Hüften und stand auf.

Ethel hatte sich von ihrem Schreck erholt. Ihr spekulierender Blick glitt über Bryce' Rücken, als dieser zum Waschtisch schritt. Das war also Lord Kenmores Sohn. Interessant.

"Komm mit!" herrschte sie Gemma an, und schleifte sie hinter sich her zur Tür. Cedric folgte ihr langsamer und fragte sich, was seine Frau nun schon wieder für einen Plan verfolgte.